Ethik

Ethik und Moral
Forenbeitrag von VolkerM - 23-06-2004

Ethik und Moral sind zwei Begrifflichkeiten, denen in unserer kommerziell orientierten und schnelllebigen Zeit kaum noch Beachtung geschenkt wird. Dies gilt verstärkt dann, wenn es um das "Mitlebewesen" Tier geht.

Ist die Zielsetzung der "Handaufzucht" ethisch vertretbar ?

Ohne zunächst auf die generelle Erreichbarkeit der Zielsetzung einzugehen, bleibt festzustellen, dass der angestrebte Erfolg (= Erhalt eines "zahmen" Vogels) sich vorwiegend an menschlichen Bedürfnissen orientiert. Verallgemeinernd könnte man von "egoistischen" Motiven reden. Da sowohl den Elternvögeln als auch den Jungtieren naturgegebene Entwicklungsabläufe vorenthalten (weggenommen) werden, ohne ihnen einen adäquaten Ersatz bieten zu können, handelt es sich bei der "Handaufzucht" um einen die gesamte spätere Entwicklung determinierenden und nur unter Schwierigkeiten und Unwägbarkeiten reversiblen Eingriff. Daher ist die "Handaufzucht" (von tatsächlichen Notfällen abgesehen) ethisch nicht vertretbar.

Stets in den Hintergrund gedrängt (im Wortsinn: VERDRÄNGT) werden mögliche Auswirkungen der Wegnahme von Nestlingen und Küken für/auf die Elternvögel. Das hat auch etwas mit (fehlendem) ethischem Bewusstsein zu tun.

Wie kann sich die "Wegnahme" der Nestlinge/Jungvögel auf die Elternvögel auswirken?

Wenn Gelege (zur künstlichen Bebrütung), oder Nestlinge zur direkten Handaufzucht entnommen werden, wird in vielen Fällen erneut der Bruttrieb angeregt. Es kommt dann zu einer weiteren (im normalen Zyklus nicht vorgesehenen) Brut. Dies kann unter Umständen - und je nach Konstitution der Elternvögel - zu einer physischen Schwächung führen. Nun könnte man dem entgegenhalten, dass es auch unter Freilandbedingungen zu Brutausfällen mit anschließender Nachbrut kommt. Aber: Unter Freilandbedingungen besteht in diesen Fällen eine arterhaltende Notwendigkeit hierfür, während unter Gefangenschaftsbedingungen diese Notwendigkeit nicht zu sehen ist. Auch ist zu vermuten (doch dies ist bisher nicht durch entsprechende Feldstudien dokumentiert), dass auch freilebende Exemplare durch zwei oder mehr aufeinanderfolgende Bruten eine physische Schwächung erfahren (können).

Die Entnahme von Gelege oder Nestlingen stellt zweifelsfrei eine Stresssituation mit den entsprechenden (und mittlerweile bekannten) hormonellen Auswirkungen dar. In einem anderen Zusammenhang hat Eva Millesi vom Institut für Zoologie der Universität Wien (Abteilung Ethologie) den Einfluss von Stresssituationen auf die Sexual- und Stresshormone (bei Graupapageien) dokumentiert. So zeigten sich unter "harmonischen" Bedingungen (Paarbindung, enge Sozialkontakte) in der Sekretion von Testosteron und Östrogen laut E. Millesi "erstaunlich ähnliche Verläufe" Zitat: "Da diese Werte die Nebennierenaktivität widerspiegeln, erhält man dadurch Hinweise auf die Stressbelastung eines Individuums." Da die Bestimmung der Hormonwerte von E. Millesi durch Kotuntersuchung (also nicht invasiv und belastend) vorgenommen wurde, wäre eine entsprechende Untersuchung an Vögeln, denen zwecks Handaufzucht die Nestlinge weggenommen wurden, mit den gleichen (einfachen) Mitteln zu bewerkstelligen und auch angezeigt. Die Ergebnisse dürften ähnlich ausfallen. So reagierten in der Studie von E. Millesi nach Partnerentzug isolierte Graupapageien unmittelbar mit einer signifikanten Erhöhung der Corticosteronwerte. E. Millesi geht davon aus, dass auch immunologische Faktoren von der sozialen Situation beeinflusst werden. So zeigten beispielsweise isolierte Vögel einen höheren Anteil pathogener (krankheitserregender) Bakterien im Kot (vgl. Veröffentlichung von E. Millesi in "Science goes public", Universität Wien, 27.08.2001).

Stressbedingte Hypertrophien der Nebennierenrinde und Atrophien der lymphatischen Gewebe von Milz und Thymus werden u.a. auch von Culbert und Wells (Culbert, J. und Wells, J.W. (1976): / in Bell und Freeman: Physiology and Biochemistry of the Domestic Fowl. Academic Press, London, S. 504) beschrieben.

Stresssituationen für die Vögel werden sich (je nach Qualität der Haltungssysteme) bei Gefangenschaftshaltung nie zur Gänze ausschließen lassen. Natürlich kommt es auch bei freilebenden Vögeln zu Stressbelastungen in Form von beispielsweise Predationsdruck, Revierverteidigung, konkurrierenden Auseinandersetzungen um Futterressourcen etc. Aber basierend auf der Kenntnis dessen, dass nach dem Selye´schen Adaptionsmodell jede Änderung der Umgebungsbedingungen Belastungen darstellt, die in ihrer Summe das Gleichgewicht zwischen katabolen und anabolen Stoffwechselvorgängen nachhaltig verändern kann, sollte jede durch menschliche Manipulation erzeugte (unnötige) Stressbelastung (z.B. durch Wegnahme von Nestlingen oder Jungvögeln zur HZ und/oder Wegnahme der Gelege zwecks Kunstbrut) unterbleiben (vgl. hierzu auch: Heise, A. (1999): Stresserscheinungen bei Vögeln, Diss., Institut für Tierschutz und Verhalten, Tierärztl. Hochschule, Hannover).

 

Zuchtstation BII, Antonio de Dios (Philippinen) ("Lieferant" für z.B. Zoo Mundt)
Eigenwerbung / Handaufzucht / Durchführung:

Stages of Parrot Produktion > Schritte zur Papageien-Produktion / Egg Pull Out > Eier entfernen / All admitted eggs are labeled, disinfected and placed in a Grumbach Egg Incubator. > Alle entfernten Eier werden gekennzeichnet, desinfiziert und kommen in einen Brutautomat der Firma Grumbach.


Ist es ethisch vertretbar, die "Produktion" von Handaufzuchtpapageien für den Export dadurch zu steigern, dass Nach- und Mehrfachbruten durch Wegnahme der Gelege angeregt werden, damit der "Bedarf" an Papageienvögeln für private "Liebhaber" unserer "gefiederten Freunde" gedeckt werden kann?

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